Ein Elektroauto im Winter? Ist das eine gute Idee? Geringe Reichweite und erfrieren im Winterstau sind zwei gängige Vorurteile, die wir uns genauer ansehen möchten. Ebenso erfahrt ihr hier viel Wissenswertes zu Elektroautos im Winter.
Fahrspaß im Winter im Elektroauto
Beginnen wir mit dem Spaß. Wir haben das Tesla Model 3 Performance für diesen Test verwendet, da man bei diesem Modell einen Track-Modus aktivieren kann, der es einem erlaubt, die Stabilitätskontrolle zu regulieren, ebenso ist regelbar, wie viel Motorkraft auf die Hinter- und/oder Vorderachse wirken soll und auch die Rekuperation ist individualisierbar. Darüber hinaus bietet der Modus eine Temperaturanzeige des Akkus, der Motoren, der Bremsen und der Reifen. Übrigens ist die Entwicklung der Akkus vorangeschritten: Vor einigen Jahren musste man sich noch Sorgen machen hinsichtlich der Überhitzung derselben und der darauffolgenden Leistungsreduktion, was jedoch seit einiger Zeit kein Problem mehr darstellt. Man kann nun mit dem Fahrzeug auf Eis und Schnee viel Spaß beim Driften haben, wenn einem danach beliebt. Bitte dabei immer auf die eigene Sicherheit achten und nur auf abgesperrten Flächen fahren, um niemanden zu gefährden. Wir finden generell, dass die Möglichkeiten, die einem Elektroautos durch die Software-Optionen bieten, sehr begrüßenswert sind.
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Vorsicht mit der Rekuperation
Einen Sicherheitstipp möchten wir hier nicht unerwähnt lassen: Bei Eis und Schnee und höheren Geschwindigkeiten kann es auch im normalen Fahrmodus durch die Rekuperation zu einem instabilen Heck kommen, sodass das Fahrzeug sogar ins Schleudern geraten kann, wenn man nicht gegenlenkt. Unser Tipp ist hier, die Rekuperation auf ein möglichst niedriges Niveau einzustellen. Sollte das Fahrzeug einen Schnee- oder Wintermodus besitzen, diesen bitte benutzen. Bei Tesla-Fahrzeugen im Speziellen ist die Software seit dem letzten Update selbst in der Lage, die Untergrundbeschaffenheit zu erkennen und die Rekuperationsleistung selbstständig zu reduzieren.
Anfahrt bergauf mit Softwareunterstützung
Ein Vorteil sehen wir auch in einer weiteren Möglichkeit, die die Software bietet: Sie kann die Erkennung der Fahrbahneigenschaften dazu nutzen, dem Fahrer bei der Anfahrt am Berg zu helfen und ein Durchdrehen der Räder zu verhindern. Sie verteilt die Kraft, die auf die Straße wirkt, so auf die einzelnen Räder, dass das Anfahren möglich ist. Somit kommt man auf glattem Untergrund problemlos nach oben.
Software kann auch unterhalten
In einem Tesla stellt einem die Software diverse Möglichkeiten zum Zeitvertreib zur Verfügung, wie zum Beispiel mehrere Spiele, die auf dem Display gespielt werden können. So kann man die Wartezeit in einem Stau vergnüglich verbringen. Ein Gimmick ist die Lichtshow, von Tesla Lichtspektakel genannt, die die Außenbeleuchtung des Fahrzeugs rhythmisch aufleuchten lässt.
Türgriffe enteisen, Scheiben nicht freikratzen
Für die Türgriffe kann man natürlich handelsübliche Enteiser verwenden, aber es funktioniert auch mit herkömmlichem Scheibenfrostschutz, den man vorsichtig in die Türgrifffuge schütten kann. Eine andere Möglichkeit, welche einem ein Elektroauto bietet, ist die Aktivierung der Heizung, die nebenbei auch für die Enteisung der Türgriffe sorgt.
Will man also in ein warmes Fahrzeug mit enteisten Türen einsteigen, startet man per Tesla-App die Heizung und kann nach ein paar Minuten einen aufgewärmten Innenraum genießen. Die Heizung benötigt bei einem Tesla Model 3 Performance nur drei Minuten, um den Innenraum von 3 auf 23 Grad aufzuheizen. Lässt man die Heizung wie in unserem Test 30 Minuten laufen, sind auch die Scheiben und die Türgriffe frei. Dies benötigt 4 % Akkukapazität. Wir nehmen an, dass 30 Minuten eher zu lang gewählt waren und die Enteisung auch in der Hälfte der Zeit erreicht werden kann.
Noch ein Tipp: Das Türgriffgewinde sollte nach der Enteisung geschmiert werden, zum Beispiel mit WD40, das verlängert die Lebensdauer.
Ein weiterer Tipp bei sehr kaltem Wetter: Die Türen des Tesla nicht gewaltsam aufreißen, da die Fensterscheiben automatisch um ca. zwei Zentimeter nach unten fahren und der Fenstermotor dabei Schaden nehmen könnte.
Wärmepumpe erhöht die Reichweite im Winter
Möchte man weniger Energie für die Heizung aufwenden, damit die Reichweite erhöhen und gleichzeitig den Akku schonen, empfehlen wir eine Wärmepumpe. Die Wärmepumpe nutzt die Abwärme von anderen Geräten, um ein Kältemittel unter hohem Druck zu verdichten und darüber durchströmende Luft zu erwärmen. Dadurch wird energiesparende Wärmegewinnung ermöglicht und es kann nicht nur Akkuenergie gespart, sondern auch der Akku geschont werden.
Volle Leistung des Elektromotors auch in kaltem Zustand
Elektroautos bieten den Vorteil, dass der Motor nicht wie bei Verbrennern erst auf Betriebstemperatur gebracht werden muss, um seine volle Leistung zu entfalten. Diese ist sofort verfügbar, unabhängig von der Temperatur.
Übernachten im Elektroauto
Im Test mit dem Tesla Model 3 Performance haben wir herausgefunden, dass es möglich wäre, im Winter von Montag bis Freitag im Tesla zu schlafen, zu kochen und Netflix zu gucken, bis der Akku schlappmacht. Also hier können wir Entwarnung geben: Man erfriert in seinem Elektroauto in einem Stau nicht!
Reichweite und tatsächlicher Akkuverbrauch Winter
Wir starten mit 83 % Akkukapazität bei minus 3 Grad Außentemperatur und sollen laut Bordcomputer 384 Kilometer weit damit kommen. Für 185 Kilometer haben wir bei sehr winterlichen Bedingungen 52 % Kapazität verbraucht. Das Fahrzeug hat dabei durchschnittlich 18,8 kWh auf 100 km verbraucht. Mit 100 % Akku würde man also ca. 360 km weit kommen. Nach WLTP schafft der Tesla Model 3 Performance 530 km. Trotzdem finden wir, dass ein Fahrzeug mit großem Akku (ab ca. 70 kWh) auch im Winter über eine brauchbare Reichweite verfügt. Bei kleinen Akkus muss man im Winter jedoch genau rechnen und vorausplanen.
Zur Reichweite möchten wir euch folgende Faustformeln mit auf den Weg geben:
- Reale Reichweite (kombiniert Stadt, Land, Autobahn): WLTP - 20 %
- Reale Reichweite im Winter (kombiniert Stadt, Land, Autobahn): WLTP - 20 % - 15 %
Diese Werte gelten nicht für reine Autobahnfahrten! Wer sich für die Reichweite auf Autobahnfahrten interessiert, der findet hier eine Übersicht.
Ladeleistung Tesla Model 3 Performance Winter
Das Fahrzeug benötigt 27 Minuten, um von 32 % auf 83 % zu laden. Es hat dabei zu Beginn mit 143 kW und am Ende mit 55 kW geladen. Wir finden die Wartezeit trotz winterlicher Witterung und starker Auslastung der Ladestationen noch akzeptabel. Wenn man in Ruhe einen Imbiss zu sich nimmt, etwas trinkt und die Toilette aufsucht, ist die knappe halbe Stunde schon vorbei.
Streusalz, Bremsen, Energieverbrauch
- Im Winter ist es wichtig, das Fahrzeug von Salz zu befreien.
- Durch die Rekuperation werden die Bremsen sehr wenig beansprucht, was zu weniger Wartungskosten führt, allerdings sollte man hin und wieder die Bremse bei schneller Fahrt benutzen, um eventuell auftretenden Rost von der Bremsscheibe zu schleifen.
- Zu guter Letzt: Das Tesla Model 3 Performance ist ein sehr sportliches Fahrzeug mit mehreren Hundert PS und lässt sich sogar im Winter mit einem Benzinäquivalent von ca. 2 Litern fahren. Das ist ein sehr geringer Energieverbrauch, wie wir finden.